- Wirtschaftsnobelpreis 1993: Robert William Fogel — Douglas Cecil North
- Wirtschaftsnobelpreis 1993: Robert William Fogel — Douglas Cecil NorthDie beiden Amerikaner erhielten den Nobelpreis für ihre Erneuerung der wirtschaftsgeschichtlichen Forschung.BiografienRobert William Fogel, * New York 1. 7. 1926; 1960-64 Professur an der University of Rochester, 1964-75 an der University of Chicago, 1975-81 an der Harvard University, seit 1981 University of Chicago; untersuchte unter anderem die Bedeutung des technischen Fortschritts für das Wirtschaftswachstum.Douglas Cecil North, * Cambridge (Massachusetts, USA) 5. 11. 1920; 1960-83 an der University of Washington, seit 1983 an der George Washington University, St. Louis; entwickelte unter anderem eine Theorie über die Rolle von Institutionen in der Entwicklung von Volkswirtschaften.Würdigung der preisgekrönten LeistungMit der Verleihung des Nobelpreises an Robert William Fogel und Douglass Cecil North wurden erstmals zwei Wirtschaftshistoriker gewürdigt. Mit der Begründung der so genannten New Economic History oder »Cliometrie« (»Clio« ist in der griechischen Mythologie die Muse der Geschichte, »metrie« verweist auf die Verwendung statistischer Messverfahren) haben sie die wirtschaftsgeschichtliche Forschung reformiert, indem sie die Wirtschaftstheorie und gleichzeitig statistische Methoden zur Erklärung wirtschaftlicher Veränderungen herangezogen haben. Sie haben gezeigt, dass die Geschichte für die Erklärung wirtschaftlicher Zusammenhänge von wesentlicher Bedeutung ist und unser Verständnis dafür schärft, wann und warum sich ökonomische Veränderungen vollziehen.Die Suche nach fundierten AntwortenRobert Fogel wurde in New York als zweiter Sohn einer russischen Emigrantenfamilie geboren. Gefördert durch seine Eltern und motiviert durch engagierte Lehrer, schlug er eine wissenschaftliche Laufbahn ein. Er begann zunächst ein Studium der Physik und Chemie. Die schlechten Wirtschaftsaussichten der späten 1940er-Jahre veranlassten ihn jedoch, Wirtschaft und Geschichte zu studieren. Schon bald konzentrierte er sich auf die Frage, welche elementaren Kräfte die wirtschaftliche Entwicklung bestimmen, und begann sich mit der Rolle des technischen Fortschritts im wirtschaftlichen und institutionellen Wandel auseinander zu setzen. Fogel kam dabei zu dem Schluss, dass er analytische und statistische Verfahren anwenden musste, um fundierte Antworten zu finden.Robert Fogel untersuchte 1964 die Bedeutung der Eisenbahn für die Entwicklung der amerikanischen Wirtschaft. Nach herrschender Meinung war wirtschaftliches Wachstum einzelnen wichtigen Entdeckungen wie eben der Eisenbahn zu verdanken. Doch Fogel zeigte, dass die Erfindung der Eisenbahn nicht unbedingt notwendig war für die wirtschaftliche Entwicklung und dass ihr Anteil am Wachstum weniger als drei Prozent betrug.Mit seiner 1974 erschienenen Studie bewies Robert Fogel, dass die Sklaverei trotz ihrer Unmenschlichkeit ökonomisch effizient war. Dieser These folgend wurde die Sklaverei in den USA aufgrund politischer Entscheidungen abgeschafft, und nicht weil sie ineffizient und unprofitabel war. Beide Studien gaben Anlass, bislang gesichert geglaubte Erkenntnisse über ökonomische Institutionen und Bestimmungsgründe der wirtschaftlichen Entwicklung zu überdenken.Weit weniger kontrovers ist Fogels jüngstes Forschungsprojekt, das die Frage beantworten soll, weshalb die Lebenserwartung der Bevölkerung steigt und wie dieses sich auf das Wirtschaftswachstum auswirkt. Fogel zufolge kann eine verbesserte Ernährung die steigende Lebenserwartung nur teilweise erklären. Daher müssen in einer systematischen Analyse mithilfe medizinischer, biologischer und ökonomischer Methoden weitere Faktoren wie Körpergewicht und Statur der Individuen berücksichtigt werden.Die Bedeutung von InstitutionenIm Gegensatz zu Robert Fogel, der hauptsächlich empirisch arbeitet, ist Douglass North Theoretiker. Er hat die Bedeutung der Transaktionskosten und Eigentumsrechte in der Geschichte der ökonomischen Entwicklung erkannt. Auf Basis der vom britischen Volkswirtschaftler Ronald Coase (Nobelpreis 1991) formulierten These, dass Institutionen entstehen, um Transaktionskosten zu senken, versuchte er mit einer Theorie der Institutionen die Wirtschaftsentwicklung zu erklären.Institutionen sind von Menschen konstruierte Beschränkungen ihres Handelns, wie Regeln, Gesetze und Verfassungen, aber auch Sitten, Bräuche und Konventionen. Die Art der Institutionen bestimmt die Höhe der Transaktionskosten, die durch die Suche nach Marktpartnern und die Durchsetzung der getroffenen Vereinbarungen und Verträge entstehen. Je ungewisser dabei die institutionellen Rahmenbedingungen sind, desto höher werden die Transaktionskosten. Zusammen mit dem technischen Know-how ergeben sich daraus die Transaktions- und Produktionskosten und damit die Gewinnmöglichkeiten ökonomischer Aktivität.Douglass Cecil North wurde als drittes Kind eines Versicherungsmanagers geboren. Aufgrund beruflicher Verpflichtungen des Vaters zog die Familie mehrfach um, sodass er Teile seiner Kinder- und Jugendzeit in Kanada und in der Schweiz verbrachte. Das Studium der Politikwissenschaft, Philosophie und Wirtschaftswissenschaften an der University of California in Berkeley schloss er mit mittelmäßigem Erfolg ab. Der zweite Weltkrieg verhinderte zunächst ein weiteres Studium der Rechtswissenschaft. In dieser Zeit reifte sein Entschluss, Ökonom zu werden. Er setzte sein Studium der Wirtschaftswissenschaften in Berkeley mit der festen Absicht fort, die gesellschaftlichen Verhältnisse zu verbessern.North beschäftigte sich zunächst mit dem wirtschaftlichen Wachstum der USA. Seine erste Veröffentlichung (1961), in der er den Zusammenhang zwischen dem Rückgang von Transportkosten und überregionalen Handelsbeziehungen untersuchte, gehört zu den grundlegenden Beiträgen zur Cliometrie. 1968 veröffentlichte er einen der meistzitierten Aufsätze der Wirtschaftsgeschichte, in dem er anhand der Produktivität der Ozeanschifffahrt zeigte, dass der institutionelle Wandel eine wichtigere Rolle spielt als der technische Fortschritt. North betonte dabei die Rolle ökonomischer, politischer und sozialer Faktoren, die die Entwicklung der für das Wirtschaftswachstum wesentlichen Institutionen bestimmen.Doch weshalb haben sich einige Länder besser entwickelt als andere? Wie erklärt sich der immense Wohlstand der westlichen Welt? Eine Antwort fand North in den individuellen Eigentumsrechten, die die wirtschaftlichen Anreize für effizientes Wirtschaften schaffen. Die schnellere Industrialisierung in England und den Niederlanden beruhte im Wesentlichen darauf, dass konservative Institutionen wie die Zünfte dort schwach, private Eigentumsrechte jedoch garantiert waren. Die Unsicherheit über die Durchsetzbarkeit individueller Eigentumsrechte ist mit verantwortlich für wirtschaftliche Stagnation.E. Weber
Universal-Lexikon. 2012.